Abi 98
Abizeitung: Deutsch-LK

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Deutsch-LK

Stundenprotokoll der Deutschstunde vom 29.2.1998

Frau Haug betritt keuchend das Klassenzimmer, 15 Minuten zu spät.
"´Tschuldigung, Stau bei Kist."
"Macht nix," murmelt der Deutsch-LK. Wir haben ja erst die zweite Stunde und außerdem sind wir daran gewöhnt.
"Wer war am allerdransten (Neologismus von Kerstin selbst erfunden) mit dem Protokoll?"
Keine Reaktion.
"So geht’s aber nicht, Leut´!" Den Rest des fast schon üblichen allmorgendlichen Anschisses drucken wir hier besser nicht ab.
Das mit den Protokollen war ja auch so eine Sache. Wir Schüler haben unsere Protokolle fast immer pünktlich und vollständig abgegeben, obwohl es uns allen gehörig auf die Nerven ging, doch manchmal passierte es, daß die Protokolle in Frau Haugs kreativem Chaos auf unerklärliche Weise verschollen gingen, was mehrmals zu heftigen Auseinandersetzungen führte.
"Was ist das eigentlich für ein Saustall hier? In so einem Dreck unterrichte ich nicht!", setzte Frau Haug ihre Schimpftiraden fort. Keinen anderen hat es gestört, doch Kerstin nötigt Bernd und Carl, unter heftigem Protest, Putzfrauen zu spielen und die Tische aufzuräumen.
Naja, ein Anpfiff am Morgen muss sein, denn er ist gut gegen alle Arten von Frust. Aber frau darf nicht vergessen, sich daraufhin sofort wieder reumütig zu entschuldigen.
Endlich fangen wir nun mit dem Unterricht an. Thema der Stunde: Konfuse Gedichte von Hilde Domin und Rose Ausländer, Haugs Lieblingsthema. Das Problem ist: Keiner versteht´s. Kerstin hat ihr ganzes technisches Know-how und den Kopierer bemüht, um uns zehn Blätter mitzubringen. Das Gedicht wird vorgelesen und sofort schnellt Gunillas Arm in die Höhe.
"Frau Haug, ich habe da so´n Buch gelesen." Ja Gunni, wir wissen´s.
Die Interpretation des Gedichtes gestaltet sich als äußerst schwierig, da niemand, außer den hellen Köpfen der Scheffelpreisanwärterinnen, sich in die Situation des lyrischen Ichs hineinversetzen kann.
"Setzt euch einfach mal hin und meditiert über die Gedichte. Macht das jetzt mal in Partnerinnenarbeit."
Partnerinnenarbeit? Und was ist mit den Jungs? "Wir sind die Emanzipation! Verweiblicht die deutsche Sprache!" Das sind die Parolen des Deutsch-LK. In einer männerdominierten Welt darf frau sich als Frau nicht unterkriegen lassen.
Wir versuchen also, die unsinnig aneinander gereihten Wörter zu verstehen und bemühen uns um eine Interpretation. Doch leider gelingt das nicht. Langsam macht sich Panik breit, denn wir sollen morgen eine Klausur über dieses Thema schreiben und haben aber erst vor zwei Tagen angefangen, uns mit Gedichten zu befassen.
"Ich schmeiße euch einfach mal ins kalte Wasser. Ihr werdet damit schon zurechtkommen," waren Frau Haugs aufmunternde Worte. Wir kamen damit zurecht, jedoch nicht ohne die Hilfe unseres Stark-Buches.
"Wer backt eigentlich am Dienstag Kuchen?", fragte nun jemand. Oh ja, es verging kein Dienstag Nachmittag ohne Kuchen, denn schließlich musste uns ja irgend etwas über den Nachmittagsunterricht hinwegtrösten, der zur besten Kaffeeklatschzeit stattfand.
Nachdem dies nun geklärt war, beendete der Gong leider den Unterricht.

Fazit nach 2 Jahren Deutsch-LK:

Der Arbeitsaufwand (und deshalb leider auch unser Leistungsstand) war sehr gering und der Unterricht im Allgemeinen streßfrei, bis auf gelegentliche Phasen, in denen es Kerstin einfiel Referate zu verteilen und Hausaufgaben zu geben. Frau Haug bemühte sich stets ein enges Verhältnis mit ihren Schülerinnen aufzubauen und war bei persönlichen Problemen und Schicksalen immer sehr interessiert an den Leiden ihrer Mitmenschen. Bei jeder Krankheit litt sie selbst mit und bei jedem Arztbesuch fühlte sie unsere Schmerzen. Auch versuchte sie uns während Klausuren mit Hilfe eines Zuckerschocks (Mars) auf die Sprünge zu helfen und somit die Gedanken wieder frei werden zu lassen. Als Deutsch-LK unternahmen wir natürlich auch häufig Theaterbesuche, bei welchen das Rahmenprogramm aber meistens im Vordergrund stand und oft auch die einzige Motivation war.
Der krönende Abschluß unserer zwei Jahre war jedoch die Fahrt in die Kulturstadt Deutschlands: Wei(n)mar. Dort hat es uns allen seht gut gefallen und wir hatten eine Menge Spaß, eigentlich genau wie in der ganzen Zeit davor.

Hallo, Kerstin! Wir danken Dir.





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Text: Deutsch-LK
© 1998 by
Sebastian Stein