Abi 98
Abizeitung: Deutsch-GK

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Deutsch-GK

Auszug aus einer Deutschstunde bei Herrn Dr. Engelhart

Gedichtbesprechung

Schmitti soll eines seiner ausgewählten Gedichte vorlesen.

Eduard Mörike

Nimmersatte Liebe

So ist die Lieb! So ist die Lieb!
Mit Küssen nicht zu stillen:
Wer ist der Tor und will ein Sieb
Mit eitel Wasser füllen?
Und schöpfst du an die tausend Jahr,
Und küssest ewig, ewig gar,
Du tust ihr nur zu Willen.

Die Lieb, die Lieb hat alle Stund
Neu wunderlich Gelüsten;
Wir bissen uns die Lippen wund,
Da wir uns heute küßten.
Das Mädchen hielt in guter Ruh,
Wie´s Lämmlein unterm Messer;
Ihr Auge bat: nur immer zu,
Je weher desdo besser!

So ist die Lieb, und war auch so,
Wie lang es Liebe gibt,
Und anders war Herr Salomo,
Der Weise, nicht verliebt.

E: "Was sagt uns dieses Gedicht, Herr Schmitt?"
S: etwas nervös "Ich würde sagen, es handelt von der ersten Liebe!"
E: herausfordernd "Wie kommen Sie darauf?"
S: immer noch nervös "Ich würde sagen, man spricht nur so von der ersten Liebe."
E: "Ist das jemand der zum ersten Mal liebt, Alexander?"
A: "Ich glaube nicht."
E: "Warum denn nicht?", und fügt fast gierig vor Neugierde hinzu, "Sprechen Sie mal aus eigener Erfahrung!"
A: ganz cool "Das sieht man an der Ausdrucksweise!"
E: man merkt ihm seine Enttäuschung an "Sie drücken sich!" hat sich wieder unter Kontrolle und fügt hinzu "Sie müssen wissen, ich kann Drückeberger nun mal nicht leiden!" Während er dies sagt hat er ein wissendes und gleichzeitig gemeines Lächeln auf den Lippen. Jeder der ihn schon einmal als Lehrer erleben durfte, kennt dieses gewisse Lächeln. Nun greift er wieder auf Schmitti zurück: "Michael, gehen wir mal davon aus, daß er sich das erste Mal verliebt hat. Er ist an den einen oder den anderen Mädchentyp geraten. Der eine ist heiß und kußwütig" (Anmerkung: Seine Augen fangen an zu leuchten) "und der andere ist der eher zurückhaltende Typ." Als Michael darauf nicht antwortet, wendet er sich an Alexander.
A: "Der sagt doch in dem Gedicht: Das Mädchen hielt in guter Ruh, wie’s Lämmlein unterm Messer, dann ist das Mädchen vom zweiten Typ."
E: "Holger, stimmen Sie mit der Meinung Ihres Nachbarn überein?"
H: "Nein, denn er sagt ja, Je weher, desto besser!, also ist sie der erste Typ."
E: "Alexander, was meinen Sie hierzu?"
A: "Er hat recht, denn das ist eine Aufforderung, so nach dem Motto : Der Alte soll ran gehen!"
E: "Und was meint unser Herr Schmitt hierzu?"
S: "Ich würde sagen, daß es eine leidenschaftliche Person ist."
E: zusammenfassend "Der Dichter spricht über die Liebe, So ist die Lieb! So ist die Lieb! Mit Küssen nicht zu stillen...
A: "Der sagt ja knallhart, daß man mit Küssen nicht weit kommt!"
E: "Das glaube ich nicht. Mörike wird zu prüde gewesen sein."





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Text: Deutsch-GK
© 1998 by
Sebastian Stein